von Mia, Schülerin und Teilnehmerin im Kurs ‚Pfiffigunde‘
Ich bin Mia, 15 Jahre, und besuche die Förderschule Auguststrasse. Ich bin dort Schülersprecherin und war auch in der Bezirksdelegiertenkonferenz und im Vorstand. Die Teilnahme dort ruht leider, weil ich nach Rösrath gezogen bin und das zeitlich nicht mehr schaffe. Ins Handwerkerinnenhaus komme ich aber immer noch. Ich bin jetzt seit ca. zweieinhalb Jahre hier und mir gefällt es richtig gut.
Besonders toll ist, dass nur Mädchen und Frauen hier sind. Es ist unser ‚safe space‘, ein sicherer Ort, in dem man gut Bindungen aufbauen kann, man kann sich fallen lassen. Es gibt z.B. immer eine Erzählrunde, manchmal fühlt man sich wie in einer richtig guten Therapiestunde. Aber wir können uns auch kreativ ausleben, wir haben hier einen kreativen Freiraum. Es ist eine schöne Abwechslung zur Schule. Gleichzeitig kann ich das hier nutzen für den Unterricht. Die Konzentrationsspanne wird größer, man braucht Mathe und arbeitet nach einem Plan. Wir lernen, als Team zusammen zu arbeiten und unterstützen uns gegenseitig, wenn es mal eine Lebenskrise gibt oder auch mal gar nichts geht.
Ein krasser Kontrast zur Schule und super zum runterkommen
Wenn ich hier rausgehe, bin ich entspannter. Es ist super zum runterkommen und vor allem: Man wird gehört. In der Schule gibt es gar nicht die Möglichkeit des Zuhörens, es ist oft keine Zeit da und auch nicht jede*r Lehrer*in kann das. Hier fühlen wir uns gehört und gesehen. Man kann hier mit den Händen arbeiten, man kann mal den Kopf ausschalten. Das ist schon ein krasser Kontrast zur Schule. Ich bin sehr dankbar, dass wir hierherkommen können, dass das UNSER Ort ist.
Wir sind als Mädchen unter uns, das ist gut, einfach weil es Themen gibt, die möchte man mit Jungen nicht besprechen. Es ist aber toll, dass wir hier mit weiblichen Personen darüber sprechen können. Wir wissen: Was hier passiert, was wir uns erzählen, bleibt auch hier. Das ist eine krasse Erfahrung, so eine Vertrauensbasis.
Das wünsche ich mir
Ich habe hier im Handwerkerinnenhaus auf jeden Fall meine Sichtweise verändert. Ich habe viel über Mädchen- und Frauenrechte gelernt – dafür setze ich mich ein! Ich war ja im Vorstand, da habe ich vieles zu Frauenrechten eingebracht. Die Anliegen für Mädchen und Frauen sind immer noch nicht ausreichend vertreten. Wir waren mit Nane und Lotte auch im Landtag, da haben wir uns im Gespräch mit Politiker*innen auch für unsere Rechte eingesetzt. Es ist super schön zu sehen, dass wir dort gehört wurden und dass wir das Gefühl haben, unterstützt zu werden. Der Tag im Landtag war ein extra Tag für Mädchen und Frauen. Wir haben mit der Vizepräsidentin des Landtags geredet und verstanden, wie der Landtag funktioniert, wo die Parteien sitzen. Man fühlt sich näher, wenn man das mal live gesehen hat. Unsere Wünsche nehmen die Politikerinnen mit, uns ist klar, dass sich nichts von heute auf morgen verändert, aber ich hatte den Eindruck, dass es ihnen wirklich wichtig war, dass sie uns hören wollten. Es ist wichtig, dass wir mitreden können, gefragt werden.
Ich kann was bewegen!
Die Arbeit an der orangenen Bank für die Orange Days war auch eine tolle Erfahrung. Ich war auch bei der Aufstellung der Bank in der Stadt dabei. Das Thema Gewalt gegen Frauen hat mich so stark beschäftigt, dass ich einen Brief geschrieben habe. Den durfte ich auf der Veranstaltung mit der Stadt vorlesen. Es braucht definitiv mehr Hilfsangebote, es gibt soviele unentdeckte Fälle gerade im häuslichen Bereich. Frauen und Mädchen müssen wissen, wo sie sich Rat und Hilfe suchen können.
Der Brief hat eine besondere Bedeutung für mich. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass ich etwas bewegen kann und fühlte mich auch verpflichtet, etwas zu sagen und präsent zu sein bei der Bankaufstellung. Ich bin glücklich, dass ich Teil dieser Bewegung sein darf. Soviele Menschen und Organisationen kennen unsere orangenen Bänke und wissen um die Bedeutung, das ist so krass.
Ich wünsche mir mehr Projekte, in denen mit uns geredet wird, es sind noch zu wenige, gerade an Schulen. Ich wünsche mir mehr Achtsamkeit für unsere psychische Gesundheit, in unserem Schulsystem muss sich was ändern. Es gibt einfach soviele Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen, da muss man auch unterschiedlich helfen. Es muss einfach mehr Gleichberechtigung geben, gerade hinsichtlich der Bezahlung von Berufen, die von Frauen ausgeübt werden. Es ist so traurig, es muss sich insgesamt etwas tun, man muss beiden Geschlechtern dieselben Chancen geben und dasselbe zutrauen. Ich wünsche mir mehr individuelle Förderung.
Bald muss ich mich verabschieden
Bald ist meine Zeit im Handwerkerinnenhaus zu Ende. Es wird sehr traurig, dass sich unsere Wege trennen. Es war ein erfüllender Teil meines Lebens.
Wenn es auch traurig ist, aber Türen schließen sich, damit sich neue öffnen. Nach den Sommerferien starte ich in die Ausbildung als Sozialassistentin in Bergisch Gladbach.
Ich möchte Erzieherin werden, aber vielleicht auch später noch einen Handwerksberuf erlernen. Ich freue mich auf den bevorstehenden Weg!