Nachgefragt: Antworten von Andreas Kossiski (SPD)

Gemeinsam mit „Lobby für Mädchen“ haben wir nachgefragt: Wie stehen die Kandidat*innen für das Amt der Oberbürgermeisterin / des Oberbürgermeisters zu Mädchenarbeit und Mädchenpolitik in Köln? Hier die Antworten von Andreas Kossiski (SPD).

1. Wo und wie kommen Mädchen und junge Frauen in Ihrem Wahlprogramm vor?
Andreas Kossiski: In unserem Wahlprogramm haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten an vielen Stellen auf Mädchen und junge Frauen Bezug genommen, denn wir wollen, dass Frauen und Männer gleiche Rechte und Chancen haben, nicht nur auf dem Papier, sondern im täglichen Leben. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der Frauen und Männer gleich, frei und solidarisch miteinander leben können.

2. Wo sehen Sie in der Funktion OB Ihre Möglichkeiten, die Umsetzung des § 9.3. KJHG zu fördern?
Andreas Kossiski: Dass es ein Bundesgesetz gibt, das ausdrücklich fordert, „bei der Ausgestaltung der Leistungen und der Erfüllung der Aufgaben die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen und Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern“ ist für mich als OB-Kandidat Aufgabe und Verpflichtung.

Für die Mädchenarbeit in der Jugendförderung wurde in der Stadtverwaltung lange Zeit mit fehlenden Personalressourcen argumentiert. Ich bin daher sehr froh, dass nun über den endlich eingerichteten Fachbeirat für Mädchenarbeit eine geschlechterdifferenzierte Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe möglich wird. Darauf gehe ich näher ein bei Frage 6.

3. Wie sehen Sie Ihre Rolle auf dem Weg zu Geschlechtergerechtigkeit in der Kommune?
Andreas Kossiski: Die SPD steht in ihren Grundsätzen seit über einem Jahrhundert für die Gleichstellung der Geschlechter. Ohne die SPD hätte es kein Frauenwahlrecht, keinen Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz und die allermeisten Gleichstellungsgesetze in Deutschland nicht gegeben. Gerade auch in Köln gab es berühmte Sozialdemokratinnen wie Marie Juchacz, die AWO Gründerin, Hertha Kraus, die Gründerin der Riehler Heimstätten oder Lie Selter, die bundesweit erste kommunale Gleichstellungsbeauftragte. Wir fühlen uns dieser Historie verpflichtet und werden uns weiter für eine wahre Gleichstellung von Männern und Frauen einsetzen. Und dies fängt für uns bei der Mädchenarbeit in der Jugendhilfe an! So wurde das Thema Gender Mainstreaming seinerzeit bei den Richtlinien zur Förderung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und zur Förderung der kultur- und medienpädagogischen Kinder- und Jugendarbeit ausdrücklich durch den Einfluss sozialdemokratischer Politik als Querschnittsthema in den Leistungskatalog der Träger aufgenommen.

Als Oberbürgermeister werde ich mich dafür einsetzen, dass dieser Leitgedanke nicht nur die Förderpraxis in der Jugendarbeit begleitet, sondern das gesamte Verwaltungshandeln. Der Leitgedanke der Geschlechtergerechtigkeit wird nicht nur die Außenwirkung der von mir geführten Stadtverwaltung prägen, sondern auch im Innenverhältnis wirken, in der Rolle der Stadtverwaltung als Arbeitgeberin.

4. Haben Sie sich mit geschlechtergerechter Mittelverteilung im städtischen Haushalt befasst und wie ist Ihre Position dazu?
Andreas Kossiski: Als KölnSPD haben wir in unserem Kommunalwahlprogramm ausdrücklich die Forderung nach „gender budgeting“, d.h. nach einer geschlechtergerechten Haushaltsführung erhoben. In der jährlichen Haushaltsplanung wollen wir diese Budgets explizit ausgewiesen sehen. Da der Fachbeirat für Mädchenarbeit einen Sitz im Jugendhilfeausschuss (JHA) als beratendes Mitglied mit der Befugnis eigener Antragsstellung haben wird, begrüße ich ausdrücklich die Möglichkeit, zukünftig bei den Haushaltsberatungen im JHA, die eigens für den Jugendetat stattfinden, eine geschlechtergerechte Mittelverteilung vorzunehmen.

5. Was werden Sie tun, um den Ausbau parteilicher Mädchenarbeit voranzubringen?
Andreas Kossiski: Die KölnSPD hat es schon seit langem in ihren Statuten verankert, dass in den Funktionen und Mandaten der Partei Frauen und Männer gleichermaßen zu je 40% vertreten sein sollen. Wir haben gemeinsam dafür entschieden, besonders bei Führungspositionen jünger und weiblicher zu werden. Frauen und Mädchen sind in unseren Arbeitsgemeinschaften stark und initiativ. Ich werde mich als Oberbürgermeister für eine konsequente Anwendung der Quotenregelung einsetzen und dies auch für die Jugendverbandsarbeit empfehlen.

Ich unterstütze und wertschätze die U 16-Wahl der Kinder und Jugendlichen, die leider bei dieser Kommunalwahl noch keine eigene Stimme haben. Die Beteiligung an politischer Willensbildung ist für die jungen Leute – vor allem aber für das Demokratieverständnis unserer nachfolgenden Generationen – von großer Bedeutung. Besonders Mädchen – mit oder ohne Migrationshintergrund – können sich durch die Arbeit in Jugendverbänden und -organisationen eine eigene Meinung über die Themen ihrer Stadt und über die Parteien und ihre jeweiligen Programme bilden. Ich halte daher die konsequente Gleichstellung auch innerhalb der Partei-Jugendorganisationen für eine wichtige Gelingensoption parteilicher Mädchenarbeit

6. Wie werden Sie die Einrichtung und Arbeit des Fachbeirats für Mädchenarbeit fördern?
Andreas Kossiski: Wie schon bei Frage 2 gesagt, begrüße ich die Einrichtung des Fachbeirates sehr. Es bietet sich die Möglichkeit, eine ausdrücklich an Mädchen gerichtete Jugendarbeit sehr breit in unserer Gesellschaft aufzustellen, weil ja ganz viele Arbeitsfelder wie die offene Kinder- und Jugendarbeit, der Kitabereich, Schule, Stationäre Jugendhilfe, Jugendhilfeplanung, Wohlfahrtsverbände usw dort vertreten sein werden.

Als Oberbürgermeister werde ich dafür sorgen, dass die Fachstelle bzw Geschäftsführung im Jugendamt nicht – wie über viele Jahre – personell „ausblutet“, sondern für ein aktives Miteinander der Akteure sorgt. Schon in meiner Zeit als Verteter des DGB im Kölner Bündnis für Familien war mir der gemeinsame Ansatz wichtig, um Prävention und Beratung, Fortbildung/Wissenschaft/Forschung, Arbeit mit Migrantinnen und vieles mehr an einem Tisch zusammenzubringen. Leider wurde das Kölner Bündnis für Familien bei Dienstantritt von Frau Reker eingestellt – ich werde es wieder zum Leben erwecken und dafür sorgen, dass die Brücke zum Fachbeirat für spezifische Mädchenarbeit gebaut wird und dauerhaft trägt. Analog zum Fachbeirat für Mädchenarbeit strebe ich übrigens auch einen Fachbeirat für Jungenarbeit an, denn nur so werden wir dem § 9.3 KJHG und einer geschlechts-differenzierten Kinder und Jugendarbeit nachhaltig gerecht.

7. Wie werden Sie die speziellen Belange von Mädchen und jungen Frauen beim Übergang Schule-Beruf berücksichtigen?
Andreas Kossiski: Die Förderung von Bildung und Ausbildung mit Blick auf die speziellen Belange von Mädchen und jungen Frauen ist mir als ehemaligem Vorsitzenden des DGB in Köln von besonderer Wichtigkeit! – Es gibt immer noch Defizite bei der Ansprache von Mädchen für besondere Berufsfelder! Der Aufbau und die Weiterentwicklung von mädchenspezifischen

Angeboten, besonders bei den Arbeitgebern in Köln, ist ganz entscheidend für die Berufswahl junger Mädchen und Frauen. Hier müssen Fortbildungen für die Personalchefs angeregt und initiiert werden. Dies war ein wichtiger Baustein der Arbeit des Kölner Bündnisses für Familien, bei dem die Kräfte und Ressourcen aus Wirtschaft, Bildung und Ausbildung, Wohlfahrtspflege, Interessenvertretungen, Religionsgemeinschaften, Politik und Verwaltungen am Tisch saßen – und das ich wiederaufleben lassen werde!

8. Wie wollen Sie sich für mehr Bildungsgerechtigkeit einsetzen?
Andreas Kossiski: In Köln entscheidet derzeit hauptsächlich die Wohnadresse über den weiteren Lebensweg unserer Kinder. Als Oberbürgermeister will ich das unbedingt ändern! Mehr Bildungsgerechtigkeit will ich über gebührenfreie, qualitativ hochwertige und für alle zugängliche Bildung erreichen – von der Kita-Betreuung über bedarfsgerechte Schulangebote bis hin zur Weiterbildung. Ich will den schnellen und nachhaltigen Ausbau der Plätze in Kitas und Tagespflege, den Ausbau des Ganztags an den Schulen mithilfe eines zusätzlichen Bauprogramms, und vor allem mehr Gesamtschulen! Ich möchte nämlich das länger gemeinsame Lernen fördern, also mehr Inklusion und mehr integrative Schulsysteme.

Wenn es um die Verteilung von Geldern und Ressourcen geht, setze ich mich dafür ein, dass die Schulen und Stadtteile vorrangig versorgt werden, an denen wir benachteiligte Kinder und Jugendliche vorfinden. Das gilt auch und besonders für den Ausbau der digitalen Infrastruktur – wie sich gerade jetzt in der Coronazeit erweist.

9. Was werden Sie tun, um Gewaltschutz und Sicherheit von Mädchen und Frauen im öffentlichen Raum zu verbessern?
Andreas Kossiski: Seit der Silvesternacht 2015/16 hat das Thema „Gewaltschutz und Sicherheit von Mädchen und Frauen im öffentlichen Raum“ endlich wieder mehr Aufmerksamkeit erfahren, und seither sind in Köln einige neue Schutzkonzepte in die Wege geleitet worden. Ein sehr positives Beispiel ist das Präventionsprogramm Edelgard, das Mädchen und Frauen ermöglicht, überall in Köln Schutzplätze zu finden. Wir unterstützen die Weiterentwicklung dieses Programms. Die KölnSPD legt im nächsten Rat besonderen Wert darauf, auch die Präventionsarbeit mit potentiellen Tätern auszubauen. Wir wollen die Vernetzung und Stärkung von Projekten, die auf die Täterarbeit fokussiert sind (z. B. „Mann sein ohne Gewalt“ der AWO) voranbringen und Präventionsprojekte in Kitas und Schulen ausbauen, damit Kinder später nicht zu Tätern werden.

Weiterhin wollen wir eine lebenswerte Stadt, in der Alt und Jung, Arm und Reich, Frauen und Männer, und verschiedene Kulturen Tür an Tür und zusammen wohnen können. Wir wollen eine integrierte und gemischte Stadtentwicklung, jenseits von Villenvierteln und sozialen Brennpunkten. Das ist ein wesentlicher Baustein unseres Wahlprogramms.

Wie ich das als Oberbürgermeister erreichen will? – Durch Aufwertung unserer öffentlichen Plätze. Ich will dafür sorgen, dass sie so gestaltet werden, dass sie Kommunikation ermöglichen und zum Aufenthalt im Freien einladen; ohne dass dabei die Interessen der Anwohner*innen vernachlässigt werden. – Dazu gehört auch, dass ich mich um die Orte kümmere, an denen sich Menschen unsicher fühlen. Ich will öffentliche Räume „aufhellen“, um die sprichwörtlich dunklen Ecken zu verhindern. Ich werde durch den Ausbau von Streetwork ausreichend Ansprechpersonal für öffentliche Brennpunkte vor Ort bereitstellen.

Belebte und „bewohnte“ Plätze und Straßen bieten für unsere Mädchen und Frauen eine bessere Lebensqualität. Die KölnSPD hat schon vor Jahren das Handlungskonzept „Starke Veedel – starkes Köln“ auf Schiene gesetzt und die Umsetzung in vielen Stadtteilen vorangetrieben, wo genau dies – eine Verbesserung des Wohnumfeldes und eine angstfreie Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum – zu den vorrangigen Handlungszielen gehören.

Mein Wahlkreis als Landtags-Abgeordneter ist Chorweiler. Dort setze ich mich schon jetzt intensiv für die Sicherheit im öffentlichen Raum ein. Diese Anstrengungen werde ich als Oberbürgermeister auf die gesamte Stadt ausweiten.